Bodenpolitik: Mehr als ein Vehikel

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Ein wichtiges Abkommen, das explizit Böden thematisiert, soll die Wüstenbildung bekämpfen. Doch eine Ausweitung auf andere Klimazonen scheiterte. (Ausschnitt aus der Grafik "Umwelt, Klima, Entwicklung - Doch die Böden fehlen")

Viele internationale Vereinbarungen zum Schutz von Mensch und Natur streifen den Schutz der Böden nur. Dabei sind sie wegen ihrer zentralen Bedeutung für andere Ökosysteme ein Querschnittsthema für Menschenrechte und soziale Ziele - ein Kapitel aus dem Bodenatlas.

Die heutige Nutzung der Böden spiegelt drei Trends wider. Erstens werden gleichzeitig und mit zuneh­mender Geschwindigkeit verschiedene ökologische Grenzen der Erde überschritten. Die Folgen sind teilweise unwiderruflich und für die Menschen kaum kalkulierbar, etwa der Verlust der Biodiversität und der Klimawandel. Zweitens nehmen trotz Wirtschaftswachstum Milliarden Menschen auf der Welt weitaus weniger als ihren „gerech­ten Anteil“ an der Landnutzung in Anspruch. Und drittens fehlt trotz des vorhandenen Wissens um diese Probleme eine effektive Politik, um sie zu beheben.

Die Gründe für dieses Versagen der Politik sind so viel­fältig wie bei anderen Umweltproblemen auch. Allerdings ist der Bodenschutz, anders als der Klimaschutz oder der Erhalt der Biodiversität, auf internationaler Ebene kein ex­plizites Ziel. Die Weltgemeinschaft hat sich aber drei zent­rale Ziele gesteckt: Bis 2020 soll der Verlust der Artenvielfalt gestoppt werden, die Erderwärmung nicht mehr als 2 Grad Celsius betragen und jeder Mensch Zugang zu ausreichend Nahrung haben. Keines dieser Ziele wird zu erreichen sein, solange es keine darauf ausgerichtete Bodenschutz- und Landnutzungspolitik gibt. In den mehr als 200 internati­ona­len Umweltverträgen, -abkommen und -protokollen wird Bodenschutz kaum thematisiert oder mit konkreten Zielen versehen.

Ein wichtiges Abkommen, das explizit Böden thematisiert, soll die Wüstenbildung bekämpfen. Doch eine Ausweitung auf andere Klimazonen scheiterte

Bodenschutz dient eher als Vehikel, etwa um Ziele im Klimaschutz zu erreichen. Die Anstrengungen drehen sich um kaum mehr als das Potenzial des Bodens, CO2 zu speichern. So hat das UN-Umweltprogramm (UNEP) 2013 die pfluglose Landwirtschaft als wichtige Methode präsentiert, um CO2-Emissionen zu vermeiden. Wie sehr dabei der stärkere Einsatz von Pestiziden Wasserqualität und Biodiversität belastet, wird wenig beachtet.

Das einzige internationale Abkommen, das sich expli­zit auf Böden bezieht, ist das UN-Übereinkommen zur Be­kämpfung der Wüstenbildung (UNCCD). Das jedoch ist auf Trockengebiete beschränkt. Bestrebungen, das Abkommen auf andere Klimazonen auszudehnen, scheitern am Wider­stand einiger Mitgliedstaaten. Eine Ausweitung oder gar eine eigene UN-Konvention zum Schutz der Böden wäre aber nur dann wirkungsvoll, wenn sie mit dem klaren po­litischen Willen aller Mitglieder, mit Durchsetzungskraft und einem unabhängigen Kontrollmechanismus verfolgt würde. Wie schwierig und langwierig sich allerdings multi­laterale Debatten gestalten, ist seit Jahrzehnten bei den Kli­maverhandlungen zu verfolgen.

Dennoch hat sich die UNCCD-Konferenz im Vorfeld des Weltumweltgipfels 2012 in Rio für das Ziel eingesetzt, bis 2030 die Bodendegradation weltweit zu stoppen. Allerdings „netto“: Degradation an der einen Stelle kann gegen Rekultivierung an einer anderen aufgerechnet werden. Das Ziel der UNCCD hat es in das Abschlussdokument der Rio-Nachhaltigkeitskonferenz von 2012 geschafft und gehört sogar zu den Zielen der Entwicklungsagenda, die von 2015 an den Millenniumszielen des Jahres 2000 folgen soll. Im Vergleich zu anderen Forderungen ist die nach dem Stopp der Bodendegradation aber eher schwach formuliert.

Besser sieht es hingegen bei internationalen Abkom­men zu den Landrechten aus. 2012 stimmte die Food and Agriculture Organization (FAO) „freiwilligen Leitlinien“ zu, die sich für einen verantwortungsvollen Umgang mit Land­rechten einsetzen. Sie sind eine Reaktion auf großflächige Landnahme durch internationale Investoren, Vertreibun­gen, mangelhafte Entschädigungen und Enteignungen. Im Hinblick auf die internationale Politik ist das Dokument bemerkenswert.

  • Es ist das erste zwischenstaatliche Abkommen, das die verantwortungsvolle Regierungsführung im Landbereich auf den Schutz der Menschenrechte gründet. Trotz des freiwilligen Charakters hat das Abkommen Gewicht, weil es sich an zahlreichen Stellen auf das Völkerrecht bezieht.
  • Vertreter der Zivilgesellschaft waren von Anfang an in die Verhandlungen einbezogen. Sie haben die vielfältigen Interessen verschiedenster Gruppen vertreten, die ihr Land auf unterschiedlichste Weise nutzen.

Mit vollem Titel heißt das Dokument „Freiwillige Leit­linien für die verantwortungsvolle Verwaltung von Boden- und Landnutzungsrechten, Fischgründen und Wäldern im Rahmen der nationalen Ernährungssicherheit“. Weltweit sehen Aktivisten diese Vereinbarung als wichtigen Beitrag zum Schutz von Landrechten und setzen sich vor Ort dafür ein, dass sie umgesetzt wird. Allerdings wird Bodenschutz in den Leitlinien nur mit einem Verweis auf nachhaltige Landnutzung bedacht, obgleich der sichere Zugang zu Land und der Erhalt der Bodenqualität Hand in Hand gehen sollten.

In der Vergangenheit ist die Verknüpfung der Bodenschutzpolitik mit anderen Bereichen der Politik kläglich gescheitert. Dies hat dazu geführt, dass der Boden in seiner zentralen Bedeutung für andere Ökosysteme genauso wie für soziale Ziele unterbewertet und viel zu wenig geschützt wurde. Dabei sind die Überschneidungen mit der Agrar-, der Ernährungs- und Energiepolitik sowie den Klima- und Biodiversitätszielen sowie dem Menschenrecht auf Nahrung enorm. Erst wenn Boden und Land zum Querschnittsthema geworden sind, können sie so gut geschützt werden, wie es nötig ist.